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Chemie an der Schwelle des 21. Jahrhunderts, Studium Generale, WiSe 1999/2000, 24.11.1999
Koch, Wolfhard; Häfelinger, Günter (1999)
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Koch W., et al. "Chemie an der Schwelle des 21. Jahrhunderts, Studium Generale, WiSe 1999/2000, 24.11.1999.", timms video, Universität Tübingen (1999): https://timms.uni-tuebingen.de:443/tp/UT_19991124_001_chemiering_0001. Accessed 26 Apr 2024.
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Koch, W. & Häfelinger, G. (1999). Chemie an der Schwelle des 21. Jahrhunderts, Studium Generale, WiSe 1999/2000, 24.11.1999. timms video: Universität Tübingen. Retrieved April 26, 2024 from the World Wide Web https://timms.uni-tuebingen.de:443/tp/UT_19991124_001_chemiering_0001
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Koch, W. and Häfelinger, G. (1999). Chemie an der Schwelle des 21. Jahrhunderts, Studium Generale, WiSe 1999/2000, 24.11.1999 [Online video]. 24 November. Available at: https://timms.uni-tuebingen.de:443/tp/UT_19991124_001_chemiering_0001 (Accessed: 26 April 2024).
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Information
title: Chemie an der Schwelle des 21. Jahrhunderts, Studium Generale, WiSe 1999/2000, 24.11.1999
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creators: Koch, Wolfhard (author), Häfelinger, Günter (author)
subjects: Studium Generale, Chemie, Physik, Koch, Elektromagnetische Wechselwirkung, Maxwell, Quantenmechanik, Quantenfeldtheorie, EPR-Korrelationen, Quasi-Elektronentheorie, Fraktale Geometrie, Physikalische Chemie, Orbitaltheorie
description: Dr. Wolfhard Koch referiert über das Thema: "Kann Chemie auf Physik reduziert werden?".
abstract: Kann Chemie auf Physik reduziert werden? Dr. Wolfhard Koch Unter dieser Fragestellung hat der Züricher Professor Hans Primas in zwei "Chemie in unserer Zeit"-Aufsätzen von 1985 das wissenschaftliche Fundament der Chemie eindrucksvoll erörtert. Seine Darstellung ist nicht nur für das Selbstverständnis forschender und lehrender Chemiker von großer Bedeutung, sondern sie kann sogar von allgemeinerem erkenntnistheoretischen Interesse sein, dazu geeignet, sie einem studium-generale-Publikum vorzutragen. Den Prismas'schen Thesen folgend soll deshalb versucht werden, die Ideenwelt der modernen Chemie (besonders der rechnerischen Quantenchemie) hinreichend einfach und verständlich zu skizzieren. Zunächst scheint es, als müsse man die Titelfrage mit "Ja" beantworten: Die für die Chemie relevanten Wechselwirkungen sind elektromagnetischer Natur. Spezifisch chemische Kräfte gibt es nach heutiger Auffassung nicht. Sowohl das mikroskopische Verständnis der Chemie als auch ihre makroskopisch-stoffliche Deutung können auf physikalische Fundamentaltheorien (Quantenmechanik bzw. Thermodynamik) zurückgreifen, die durch eine dritte (statistische Mechanik) hierarchisch miteinander verbunden werden können. Speziell die numerische Quantenchemie ist (auch dank der immer leistungsfähiger werdenden Computertechnik) zu einem Siegeszug angetreten, der 1998 mit dem Nobelpreis für Walter Kohn und John Pople belohnt wurde. Schon mit der stofflichen Thermodynamik, besonders aber mit dem Erfolg der Quantenmechanik hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden, mit dem sich die Chemie bis heute nicht hat abfinden können: dem Ende des Atomismus. Die Vorstellungswelt der Chemiker ist nämlich gefüllt mit Atomen, Molekülen und Elektronen. In der Schrödinger'schen Formulierung der Quantenmechanik hingegen werden die energetisch diskreten Zustände eines physikalischen Systems allein durch eine komplizierte Zustandsfunktion (auch Wellenfunktion genannt) charakterisiert, deren stofflicher Träger gar nicht mehr erkennbar zu sein scheint. Zwar macht man mit den Rezepten des Bohr'schen Korrespondenzprinzips zur Konstruktion von Schrödingers berühmter Differentialgleichung noch einige Anleihen beim atomistischen Teilchenbegriff. Von nun an fasst die Quantenmechanik die Welt allerdings holistisch, d.h. ganzheitlich , auf. Atomare, molekulare oder elektronische Strukturen, wie sie der Chemiker postuliert, kennt die Quantenphysik nicht. Tatsächlich gibt es experimentelle Evidenz dafür, daß Quantensysteme in nichtatomistischer Weise durch wechselwirkungsfreie Fernkorrelationen (Einstein-Podolsky-Rosen-Korrelationen (EPR) miteinander "verschränkt"sind (Aspect 1982). Dennoch hat die Chemie gute Gründe, an der aus der Antike (Leukipp, Demokrit) überkommenen Idee des Atomismus festzuhalten. Sie verdankt ihr nämlich ihre Wissenschaftlichkeit, ihre Formelsprache, und ihre Ordnungsprinzipen (funktionelle Gruppen, Stoffklassen, Reaktionsfamilien). Die in unserem Zusammenhang wichtigen Meilensteine auf dem Weg der Chemie von einer Experimentierkunst zur molekular (d.h. atomistisch) gedeuteten Naturwissenschaft sind die folgenden: Verbindungen sind aus chemischen Elementen zusammengesetzt. Elementarsymbole und -verwandtschaften können dem "periodischen System" entnommen werden. Elemente werden als reine Stoffe aufgefasst, die sich durch keine Umsetzung in noch einfachere Grundsubstanzen zerlegen lassen. Mikroskopisch heißt das: Moleküle bestehen aus Atomen, den elementaren Partikeln der Chemie. Verhältnisformeln sind Ausdruck der Tatsache, daß verschiedene Elemente sich immer in konstanten, ganzzahligen (und oft auch multiplen) Proportionen zu neuen reinen Stoffen verbinden. Mikroskopisch symbolisieren sie die Molekülzusammensetzung. Verknüpfungsformeln werden notwendig, wenn man verschiedene Verbindungen gleicher Verhältnisformeln (Isomere) zu unterscheiden hat. In mikroskopischer Interpretation beschreiben sie die Molekültopologie. Strukturformeln sind erforderlich, um die Händigkeit (Enantiomerie) mancher isomerer Verbindungen zu erfassen. Sie postulieren eine Molekülgeometrie. Atome und Moleküle haben eine Gestalt. Diese ist Ausdruck ihrer Elektronendichteverteilung (elektronische Struktur). Jede dieser Beschreibungen konkretisiert den Molekülbegriff, indem er ihm eine Struktur zuordnet. Solche Strukturvorstellungen können allerdings nicht unmittelbar aus den Prinzipien der Quantenphysik (durch "starke Theoriereduktion") abgeleitet werden - man wird sie in den axiomatischen Formulierungen der Quantenmechanik vergeblich suchen. Aber es ist möglich, der quantenphysikalisch-holistischen Theorie eine atomistische Interpretation aufzuprägen. Ein Chemiker, der so verfährt, wird zum "fabricator mundi": indem er seinen Gegenstand beschreibt, erzeugt er ihn überhaupt erst. Theoretisch kann die skizzierte Hierarchie der Molekülbegriffe aus der holistischen Quantenphysik deduziert werden, indem man von existierenden EPR- Korrelationen a priori absieht ("Theoriereduktion im schwachen Sinne"). Die wichtigste atomistische Überformung der nicht-atomistischen Theorie geht auf Born und Oppenheimer zurück. Sie filtert aus der Quantenphysik ein erstes quantenchemisches Bild mit atomarer Molekülstruktur. Indem sie für den Chemiker wesentliches überzeichnet oder unterstreicht, ist sie eine Karikatur. Diese Born-Oppenheimer-Karikatur liegt den meisten quantenchemischen Modellen (auch denen der aktuellen Nobelpreisträgern ) zugrunde. Doch sie geht nicht weit genug! Fragen wie "Was ist ein Alkohol, ein Aldehyd, eine Carbonsäure?" kann eine Quantenchemie auf Born-Oppenheimer'scher Grundlage nicht beantworten. Das allen Chemikern wohlvertraute und fruchtbare Baukastenprinzip ist der numerischen Quantenchemie immer noch fremd. Das sich Moleküle nach funktionellen Gruppen (z.B. -CHO, -COOH) als Verwandtschaftskriterium ordnen lassen - diese wichtige Einsicht ist einer solchen Quantenchemie grundsätzlich verstellt. Es gibt allerdings auch Versuche, das anschauliche Baukastenprinzip theoretisch zu fundieren. Besonders das Konzept der "lokalisierten Orbitale" von Edmiston und Rüdenberg hat sich als wertvoll erwiesen. Ähnliche Ideen werden nötig sein, um eine Quantenchemie zu etablieren, die den geometrischen Vorstellungen der vom Atomismus geprägten Chemiker entgegenkommt. Denn die Antwort auf unsere Titelfrage lautet jetzt natürlich: "im 'starken' Sinne: Nein".
publisher: ZDV Universität Tübingen
contributor: Zentrum für Datenverarbeitung Universität Tübingen (producer)
creation date: 1999-11-24
dc type: image
localtype: video
identifier: UT_19991124_001_chemiering_0001
language: ger
rights: Url: https://timmsstatic.uni-tuebingen.de/jtimms/TimmsDisclaimer.html?638497646454803877