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Können wir auf Treibgase bei der Anwendung von Medikamenten verzichten?
Schmidt, Peter; Häfelinger, Günter (2000)
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Schmidt P., et al. "Können wir auf Treibgase bei der Anwendung von Medikamenten verzichten?.", timms video, Universität Tübingen (2000): https://timms.uni-tuebingen.de:443/tp/UT_20001113_001_rvchemie_0001. Accessed 28 Mar 2024.
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Schmidt, P. & Häfelinger, G. (2000). Können wir auf Treibgase bei der Anwendung von Medikamenten verzichten?. timms video: Universität Tübingen. Retrieved March 28, 2024 from the World Wide Web https://timms.uni-tuebingen.de:443/tp/UT_20001113_001_rvchemie_0001
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Schmidt, P. and Häfelinger, G. (2000). Können wir auf Treibgase bei der Anwendung von Medikamenten verzichten? [Online video]. 13 November. Available at: https://timms.uni-tuebingen.de:443/tp/UT_20001113_001_rvchemie_0001 (Accessed: 28 March 2024).
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Information
title: Können wir auf Treibgase bei der Anwendung von Medikamenten verzichten?
alt. title: Faszinierende Chemie. Berichte aus der Tübinger Fakultät für Chemie und Pharmazie.
creators: Schmidt, Peter (author), Häfelinger, Günter (author)
subjects: Studium Generale, Chemie, Klimakonferenz, Frigen, Aerosol, Ozon, Spray, Dosierventil, Pulverinhalate, Tablette, Treibmittel
description: Studium Generale Vorlesung im Wintersemester 2000/2001; Montag, 13.11.2000
abstract: Können wir auf Treibgase bei der Anwendung von Medikamenten verzichten? Prof. Dr. P. C. Schmidt Als Treibgase für die Herstellung von zum Beispiel Aerosolen können sowohl Permanentgase wie Druckluft, Stickstoff und Kohlendioxid als auch unter Druck verflüssigbare Gase, die auch als Druckgase bezeichnet werden, eingesetzt werden. Druckgase unterliegen in Deutschland der Druckbehälterverordnung und sind bei Raumtemperatur und Normaldruck gasförmig, lassen sich jedoch geringen Drücken verflüssigen. Die bekanntesten Druckgase sind die fluorierten Chlorkohlenwasserstoffe (FCKWs). Sie sind so stark in das Bewußtsein der Bevölkerung gerückt, dass selbst Nicht-Fachleute den relativ komplizierten Namen dieser Verbindungsklasse mühelos über die Lippen bringen. Dabei wird übersehen, dass z. B. in USA ein Gemisch aus Propan und Butan sehr häufig für Druckgaspackungen als Treibgas verwendet wird. Auch Dimethylether, der in der Kosmetik eingesetzt wird, hat als Treibmittel hervorragende Eigenschaften. Definitionsgemäß sind FCKWs gemischte Halogenide des Methans und Ethans mit den Atomen Fluor, Chlor und Brom in verschiedener Besetzung. Ihre Geschichte beginnt um 1900 mit dem Belgier Frédéric Swarts, der als erster diese Verbindungsklasse synthetisierte. Die FCKWs traten nach ihrer Synthese in einen langen Dornröschenschlaf ein, der erst im Jahre 1938 zu Ende war, als unter dem Namen Frigen Sicherheitskältemittel für Kühlanlagen als Warenzeichen angemeldet wurden. Der zweite Weltkrieg bedingte auch hier eine Zwangspause, so dass erst ab 1949 mit der Serienproduktion von Haushaltskühlschränken mit Frigen 12 als Kältemittel begonnen werden konnte. Im Jahre 1953 wurden in USA erstmals Treibgas-Aerosole mit Frigen als Treibmittel vermarktet, in Deutschland war es die Firma Boehringer Ingelheim, die 1954 das erste Präparat auf den Markt brachte. Weitere Meilensteine waren die Verwendung bei der Polyurethanweichschaumherstellung ab 1958, die erste Freilufteisbahn in Oslo im Jahre 1965 und 1966 die Aufstellung der ersten chemischen Reinigungsmaschine. Einen Höhepunkt in der Anwendung von Frigen stellt zweifellos die 1971 in Betrieb genommene Flughafenklimazentrale des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens dar. Für diese Anlage wurden 13 Tonnen Frigen 12 benötigt, die in einer Turbo-Verdichteranlage 22,2 Millionen Kilokalorien Kälteleistung in einer Stunde erbrachten. Es muss an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass eine solche Anlage im geschlossenen Kreislauf arbeitet und kein Frigen in die Umwelt entlassen wird. Dies gilt auch für Kühlschränke, solange sie nicht auf Müllhalden beim Durchrosten des Kühlmittelbehälters das Frigen freisetzen. Anders ist die Situation bei der Ausbringung eines Polyurethanschaumes, wie er z. B. beim Einsetzen von Fenstern zum Ausschäumen und Abdichten des Fensters verwendet wird. Die dabei ausgebrachten Mengen sind im Vergleich zu den bei Arzneimitteln eingesetzten sehr groß. Der Verbrauch an Frigenen für Arzneimittel betrug zu Spitzenzeiten der Frigen- Technologie weit weniger als 1 % der Weltproduktion. Auf dem Arzneimittelgebiet wird zwischen sogenannten Oberflächensprays, wie sie z. B. für die Applikation eines Schaumes, eines Puders oder einer Salbe eingesetzt werden und den sogenannten Dosier-Aerosolen zur inhalativen Asthmatherapie unterschieden. Während man heute auf den Einsatz von Frigenen in Oberflächensprays vollständig verzichtet hat, da diese auch anders hergestellt werden können, gibt es nach wie vor die Anwendung für die Asthmatherapie. Selbst über das im Jahre 1991 in Deutschland ausgesprochene allgemeine Verbot der Herstellung und Anwendung von Frigenen hinaus wird für Arzneimittel nach wie vor jährlich eine Ausnahmegenehmigung erneuert. Wie kam es zum Verbot der Frigene? Im Jahr 1974 erschien in der Zeitschrift "Nature" ein Artikel von Molina und Rowland, in dem sie auf nur eineinhalb Textseiten Laborexperimente beschreiben, die einen Ozonabbau durch atomares Chlor, das unter bestimmten Bedingungen aus Frigenen freigesetzt werden kann, nachweisen. Diese Arbeit ist weltweit zu einer der am meisten zitierten wissenschaftlichen Publikationen geworden und war Auslöser für das spätere Verbot der FCKWs. Damit wurde die Frage nach einem Ersatz dieser Stoffe aktuell. Die Vorteile der Frigene waren durch das Gemisch Propan/Butan und Dimethylether nicht wettzumachen. Beide zuletzt genannten Treibmittel sind brennbar bzw. explosiv, während die als Treibmittel verwendeten Frigene nicht brennbar sind. Auf dem Gebiet der Arzneimittel wurden deshalb verschiedene Wege beschritten: - die Entwicklung neuer, chlorfreier Treibmittel, - die Entwicklung von Präparaten, bei denen eine kleine Menge feinster Pulver in eine Kapsel abgefüllt und mit speziellen Apparaturen zur Anwendung gebracht wird, - die Entwicklung von sogenannten Mehrdosenbehältnissen, bei denen der Patient während der Anwendung eine Dosis des Arzneimittels abteilt, - die Entwicklung von Tabletten als Arzneistoffreservoir, von denen die benötigte Dosis im spanabhebenden Verfahren abgeschabt wird. 1. Die Entwicklung neuer Treibmittel. Die Entwicklung neuer Treibmittel verlief in zwei Stufen. Zunächst glaubte man, dass die Reduzierung des Chloranteils im Molekül eine Verbesserung bewirken würde. Das Treibmittel H-FCKW 22, ein sogenanntes teilhalogeniertes FCKW ist unbrennbar, hat eine geringere atmosphärische Lebensdauer, einen geringeren Chorgehalt und wird wegen seiner Reaktionsfähigkeit bereits in den unteren Schichten der Atmosphäre abgebaut, so dass eine direkte Ozonschädigung nicht stattfindet. Dieses Mittel starb einen schnellen Tod, da sich der Verdacht auf eine krebserzeugende Wirkung nicht eindeutig widerlegen ließ. Die zweite Stufe der Entwicklung neuer Treibmittel war erfolgreich. Mit den beiden Treibmitteln Frigen 134a und Frigen 227 sind heute zwei chlorfreie Treibmittel erhältlich, deren Entwicklung und toxikologische Prüfung zusammen weit über 60 Millionen DM gekostet hat. Den Hauptanteil machen dabei die Kosten für die toxikologische Prüfung aus, die von einem Firmenkonsortium gemeinsam übernommen wurden. Beide Verbindungen sind unbrennbar, haben bei Zimmertemperatur einen Dampfdruck, der in der Größenordnung der bisherigen Frigene liegt und können somit für Arzneimittel verwendet werden. Die Umstellung von bisherigen Formulierungen auf die neuen Treibmittel bereitet jedoch erhebliche Schwierigkeiten, da die neuen Treibmittel andere Lösungseigenschaften aufweisen, mit den bisher in Aerosol-Dosen verwendeten Dichtungen nicht kompatibel sind und somit erhebliche Kosten bei der Umformulierung bestehender Produkte verursachen. 2. Kapselpräparate zur Anwendung als Aerosole. Das Prinzip dieser Entwicklung beruht darauf, dass die zu inhalierende Pulvermenge in eine Hartgelatine-Steckkapsel abgefüllt wird. Zur Anwendung muß diese Kapsel in einen speziell dafür konstruierten Apparat eingebracht werden, der die Kapsel öffnet und das Pulver mit der Atmungsluft des Patienten aus der Kapsel heraus und in die Luftwege transportiert. Für dieses Prinzip gibt es eine Vielzahl von Patenten und Ausführungsformen. Als Vorteil dieser Applikationsform ist die Tatsache zu sehen, dass treibmittelfreie Zubereitungen verwendet werden. Nachteilig wirkt sich die Tatsache aus, dass zunächst eine Kapsel in den Apparat eingelegt und geöffnet werden muss, bevor der Patient das Pulver einatmen kann, was bei einem Asthmaanfall zu Komplikationen führen kann. 3. Mehrdosenbehältnisse. Hierunter werden Einrichtungen verstanden, die das Pulver in einem zentralen Kompartiment enthalten, aus dem der Patient die benötigte Dosis selbst abteilt und zur Vernebelung bringt. Erstmals wurde ein solches Präparat im Jahre 1988 unter dem Namen Turbohaler auf den Markt gebracht. Da hierbei die Notwendigkeit des Einsatzes einer Kapsel fehlt, wird dieser Gruppe von Präparaten großes Interesse entgegen gebracht, was sich in mehr als vierzig Patentanmeldungen für solche Geräte niedergeschlagen hat. 4. Tabletten als Arzneireservoir. Kernstück dieser Neuentwicklung ist eine ringförmige Tablette, an die von unten mittels einer Feder ein Messerkopf mit drei Messern angepresst wird. Durch drehen der Messer wird eine definierte Pulvermenge von der Tablettenoberfläche abgeschabt und vom Patienten über ein zentrales Mundstück, das mit der Innenbohrung der ringförmigen Tablette in Verbindung steht, eingeatmet. Der Vorteil dieser Anordnung gegenüber allen bisherigen pulverförmigen Zubereitungen besteht darin, dass die Dosis "in situ" erzeugt wird. Dadurch wird die Gefahr des Verklumpens des Pulvers während der Lagerung durch Temperatur- und Feuchteeinflüsse vermieden. Zusammenfassend läßt sich feststellen, dass das Verbot der FCKWs zu einem Innovationsschub auf dem Gebiet der Arzneimittelentwicklung geführt hat. Oberflächensprays werden heutzutage kaum noch mit verflüssigbaren Treibgasen, sondern fast ausschließlich mit Permanentgasen hergestellt. Bei Präparaten zur inhalativen Asthmatherapie läßt sich auf Grund der notwendigen Teilchengrößen im Bereich von 2 bis 8 µm, die allein in der Lage sind, die Lungenalveolen zu erreichen, auf die Anwendung von Treibmitteln nicht immer verzichten. Trotzdem ist durch die Entwicklung der Pulverinhalate und des neuen Tablettenpräparates auch hier ein großer Fortschritt zu verzeichnen.
publisher: Universität Tübingen
contributor: Zentrum für Datenverarbeitung Universität Tübingen (producer)
creation date: 2000-11-13
dc type: image
localtype: video
identifier: UT_20001113_001_rvchemie_0001
language: ger
rights: Url: https://timmsstatic.uni-tuebingen.de/jtimms/TimmsDisclaimer.html?638472179658565155