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Wirkstoffsuche mit kombinatorischer Chemie am Beispiel der Autoimmunerkrankungen. |
alt. title: |
Faszinierende Chemie. Berichte aus der Tübinger Fakultät für Chemie und Pharmazie. |
creators: |
Jung, Günther (author),
Häfelinger, Günter (author)
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subjects: |
Studium Generale,
Chemie,
Jung Günther,
Kombinatorische Chemie,
Merryfield-Synthese,
Peptidbibliothek,
Autoimmunkrankheiten,
Immunsystem,
Zelle,
MHC Klasse I - Moleküle,
MHC Klasse II - Moleküle,
Peptidmimetika,
Proteindatenbank,
EPIPREDICT,
Multiple Sklerose,
Zellteilungsmessungen,
Arthritis
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description: |
Studium Generale Vorlesung im Wintersemester 2000/2001; Montag, 27.11.2000 |
abstract: |
Wirkstoffsuche mit kombinatorischer Chemie am Beispiel der Autoimmunkrankheiten
Prof. Dr. Günther Jung
Autoimmunkrankheiten sind chronisch verlaufende Erkrankungen, bei denen sich die
Abwehrkräfte des Körpers gegen das eigene Gewebe und Organe richtet und diese
schädigt. Dazu gehören Rheumatoide Arthritis mit Schädigungen der Gelenke, luvenile
Diabetes mit Zerstörung der Bauchspeicheldrüse, Multiple Sklerose und Myasthenia gravis
mit Hirn- und Nervenschädigungen, sowie viele schwere Erkrankungen von Haut, Darm,
Lunge, Nieren, Leber und anderen Organen.
Normalerweise kann das Immunsystem zwischen Selbst und Fremd unterscheiden und
richtet sich nur gegen eingedrungene Viren, Bakterien und Parasiten.
Ursache der Autoimmunkrankheiten sind fehlgeleitete Immunreaktionen gegen körpereigene
Eiweißstoffe (Proteine). Welche Teilstücke dieser Proteine an bestimmten
Autoimmunkrankheiten beteiligt sind, wird derzeit auf molekularer Ebene in Tübingen im
Rahmen des Sonderforschungsbereiches 510 intensiv untersucht.
Unser Immunsystem besitzt eine Reihe von hochspezifischen Entdeckermolekülen, die
ständig im Blut und im Gewebe Zellen aufspüren, die auf ihrer Oberfläche Bruchstücke
von wenigen fremden Eiweißen neben vielen körpereigenen tragen. Zellen, die z. B. von
Viren fremde Eiweißbruchstücke besitzen, werden mit verschiedenen Strategien eliminiert.
Bei Autoimmunkrankheiten verwechseln die Entdeckermoleküle fremde und körpereigene
Eiweißbruchstücke und geben so Anlaß zur Zerstörung der körpereigenen Zellen.
Der Chemiker ist mit Hilfe neu entwickelter kombinatorischer Synthesemethoden in der
Lage, wie die Natur Millionen, ja Billionen und mehr solcher Eiweißbruchstücke mittels
Peptidsyntheseautomaten herzustellen. Diese ungeheuer große Anzahl an Molekülen kann
als Mischungen mit bestimmten Sequenzmustern und sozusagen als Reporter-Moleküle zu
isolierten Zellen von Patienten gegeben werden. Aus der in vitro-Test-Reaktion der
Mischungen lassen sich patientenspezifische Aktivitätsmuster erhalten, die den Immunstatus
des Kranken widerspiegeln.
Darüberhinaus dienen diese aus Mischungen erhaltenen experimentellen Daten dazu,
unmittelbar Einzelbruchstücke von körpereigenen und fremden Proteinen vorherzusagen
und herzustellen. Damit konnten z. B. 100 000-fach aktivere Stoffe als die natürlichen
immunstimulatorisch wirkenden Bruchstücke gefunden werden (Superagonisten).
Andererseits lassen sich mit den kombinatorischen Synthesemethoden auch blockierend auf
das Immunsystem wirkende Stoffe (Antagonisten) auffinden.
Die in Tübingen in 10-jähriger intensiver Kooperation von Zellbiologen, Immunologen und
Chemikern entwickelten Methoden erlauben erstmals Untersuchungen der Ursache von
Autoimmunerkrankungen auf der Ebene der Moleküle. Es ist zu hoffen, daß sich aus diesen
Forschungen Wirkstoffe ergeben, die eine ursächliche Behandlung der
Autoimmunkrankheiten ermöglichen. Außerdem können auf der Grundlage von
patientenspezifischen Aktivitätsmustern auch Diagnostika zur Früherkennung von
Autoimmunkrankheiten entwickelt werden.
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publisher: |
Universität Tübingen |
contributor: |
Zentrum für Datenverarbeitung Universität Tübingen (producer) |
creation date: |
2000-11-27 |
dc type: |
image |
localtype: |
video |
identifier: |
UT_20001127_001_rvchemie_0001 |
language: |
ger |
rights: |
Url: https://timmsstatic.uni-tuebingen.de/jtimms/TimmsDisclaimer.html?638770858958328616 |