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Symmetrie in Wissenschaft und Kunst II - Rechts- und Linkshändigkeit (Chiralität) in der Chemie |
alt. title: |
Studium Generale: Symmetrie in Wissenschaft und Kunst |
creator: |
Schurig, Volker (author) |
subjects: |
Studium Generale,
Symmetrie,
Chiralität,
Händigkeit,
Seitendiskrimenierung,
Tetraeder,
Isomere,
Enantiomere,
Stereochemie,
L-Aminosäuren
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description: |
Studium Generale Vorlesung, Montag, 24.06.2002 im Sommersemester 2002 |
abstract: |
Die Symmetrie als Ausdruck von Vollkommenheit hat auf die Menschheit seit jeher eine
besondere Faszination ausgeübt. Während sich seit der Antike Malerei, Musik und
Architektur oft einem Höchstmaß an Symmetrie bedienen, wurde zugleich auch das Auftreten
von Asymmetrie in der Natur beobachtet. Der Begriff Chiralität (von gr. chir = Hand)
besagt, daß eine geometrische Form aufgrund des Fehlens von Reflexionselementen mit dem
Spiegelbild nicht zur Deckung gebracht werden kann. Objekte, z. B. rechte und linke Hand,
die sich zueinander wie inkongruentes Bild und Spiegelbild verhalten, werden als
Enantiomere (von gr. enantios = gegensätzlich) bezeichnet. Jeder chiraler Körper, jedes
chirale Objekt, jedes chirale Molekül kommt als Enantiomerenpaar vor.
Die Anordnung der Atome eines Moleküls im Raum wird als Stereochemie bezeichnet. Als
Folge des Postulats der tetraedrischen Anordnung der Atome im vierfach koordinierten
Kohlenstoff durch van´t Hoff und Le Bel in 1874 wurde erkannt, dass die Bausteine des
Lebens nicht nur chiral sind, sondern immer nur in einer der beiden enantiomeren Formen
auftreten, z. B. L-Aminosäuren und D-Zucker, gleichgültig, ob es sich um ein Virus, eine
Alge, eine Pflanze oder ein Säugetier handelt. Enantiomere sind optisch aktiv, da sie die
Ebene des linear polarisierten Lichtes drehen. Die Ursachen und Mechanismen der optischen
Urzeugung, d.h. der Bevorzugung eines der energetisch identischen Enantiomere, sind bis
heute unbekannt.
Genau wie ein rechter Handschuh (Selektor) eine rechte und eine linke Hand (Selektanden)
unterscheiden kann, diskriminieren chirale Rezeptoren die Enantiomere von Arzneimitteln,
Riechstoffen und Pflanzenschutzstoffen. Aus diesem Grund müssen chirale Wirkstoffe
enantiomerenrein hergestellt werden. Dies geschieht durch enantioselektive (asymmetrische
Synthese) oder durch direkte Trennung der Enantiomere mittels Chromatographie oder
kinetischer Racematspaltung. Die von Regulierungsinstanzen weltweit vorgeschriebene
Verwendung von reinen Enantiomeren hat in den letzten Jahren eine hochentwickelte chirale
Technologie hervorgebracht, die sich mit dem Zugang zu stereochemisch einheitlichen
Verbindungen und deren Analytik beschäftigt. Nach einer neuen Studie beläuft sich der
weltweite Verkauf chiraler Produkte 1999 auf 150 Milliarden US $ für Pharmaka, 8
Milliarden US $ für Agrochemikalien und 1,8 Milliarden US $ auf Zwischenprodukte mit
jährlichen Wachstumsraten von ca. 15 %. Neben der Synthese von chiralen Verbindungen ist
die Analytik von Enantiomeren zur Bestimmung ihrer Reinheit von zentraler Bedeutung. Der
derzeitige Umsatz der Enantiomeranalytik beläuft sich auf 100 Millionen US $. Hierbei wird
hauptsächlich die enantioselektive Chromatographie und Elektromigration herangezogen,
wobei optisch aktive Selektoren als chirale stationäre Phasen (CSP) eine weite Verbreitung
gefunden haben.
Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich seit drei Jahrzehnten mir der
Enantiomerendiskriminierung anhand enantioselektiver Synthesen, chromatographischer
Methoden der Enantiomeranalytik, Bestimmung der Absolutkonfiguration chiraler
Verbindungen und Herstellung enantioselektiver Antikörper.
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publisher: |
ZDV Universität Tübingen |
contributors: |
Zentrum für Datenverarbeitung Universität Tübingen (producer),
Hoffmann, Volker (organizer),
Häfelinger, Günter (organizer)
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creation date: |
2002-06-24 |
dc type: |
image |
localtype: |
video |
identifier: |
UT_20020624_001_symmetrie_0001 |
language: |
ger |
rights: |
Url: https://timmsstatic.uni-tuebingen.de/jtimms/TimmsDisclaimer.html?638770888194360725 |